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Auszeichnung:Die Frau mit den 1.000 Ideen

Für ihr außergewöhnliches Engagement in der Quartiersarbeit hat Dorothee van den Borre den Ehrenamtspreis der Stadt, den Wuppertaler, erhalten.
Von:
Sabine Damaschke
KOMM Heckinghausen Bilderbuchapotheke Leni Lee und Dorothee van den Borre

Für ihr außergewöhnliches Engagement in der Quartiersarbeit hat Dorothee van den Borre den Ehrenamtspreis der Stadt, den Wuppertaler, erhalten. Mit viel Kreativität und Herzblut bringt sie im ökumenischen Begegnungszentrum Krawatte Menschen aus allen Kulturen zusammen. 

Ehrenamtliches Engagement gehörte für Dorothee van den Borre schon immer zu ihrem Leben. Doch als sie 2015 gefragt wurde, ob sie sich in der Flüchtlingsarbeit engagieren möchte, lehnte sie erst ab: „In diesem Bereich habe ich mich damals überhaupt nicht gesehen, denn ich spreche weder gut Englisch noch bin ich viel in der Welt herumgekommen“, sagt sie. In einem „Baumhauscamp“ für junge Geflüchtete und Jugendliche aus Heckinghausen erfuhrt sie dann, dass Fremdsprachenkenntnisse nicht die entscheidende Rolle spielen. 

„Wenn man sich für Menschen und ihre Geschichte begeistert, findet man ganz leicht eine gemeinsame Sprache“, sagt sie. „Denn bei aller Unterschiedlichkeit gibt es sehr viele Gemeinsamkeiten. Das hat mich fasziniert.“ Schon 2016 gründete Dorothee van den Borre in ihrer Kirchengemeinde Heckenhausen ehrenamtlich die Flüchtlingsinitiative KOMM. Familien wurden beim Deutschlernen und Behördengängen unterstützt und in der Gemeinde willkommen geheißen, so in der „Familienkirche kunterbunt“, die Dorothee van den Borre ebenfalls ehrenamtlich betreut.

Von KOMM zur Krawatte

Heute ist aus dem kleinen, engagierten Projekt das Begegnungs- und Bildungszentrum „Krawatte“ entstanden, das vom Sozialdienst katholischer Frauen und der Stadt mitgetragen wird. In den Räumlichkeiten einer ehemaligen Krawattenfabrik bieten knapp 90 Ehrenamtliche jede Woche für rund 700 Menschen aus vielen Nationen, darunter 150 Kinder und Jugendliche, Spielenachmittage, Kunstprojekte, Hausaufgabenhilfe oder Lese- und Demokratieförderung an. 

Als Sozialarbeiterin leitet Dorothee van den Borre das ökumenische Zentrum hauptamtlich, aber ohne ihr zusätzliches ehrenamtliches Engagement wäre die Vielfalt an Projekten kaum möglich. Ob das Marionettenprojekt für geflüchtete Frauen, das Zirkusprojekt für Kinder, das Demokratieprojekt für Jugendliche oder das Clownsprojekt gegen Einsamkeit für Senior:innen – für all die kreativen Ideen, die unterschiedlichste Menschen im Stadtteil zusammenbringen, braucht es Zeit – und Fördergelder, die beantragt werden müssen. „Darum kümmere ich mich abends zwischen 20 und 24 Uhr“, erzählt sie und lacht.

Ein Beruf, der Berufung ist

Ihr Beruf ist für die dreifache Mutter auch Berufung. „Ich sehe es als großes Geschenk, dass ich diese Arbeit machen kann, die von den vielen tollen Ehrenamtlichen lebt“, betont sie. Die Auszeichnung mit dem Wuppertaler, dem Ehrenamtspreis der Stadt, versteht sie daher als Ehrung für das gesamte Team. „Ganz oft denke ich: Das hätten die Ehrenamtlichen auch ohne mich geschafft.“

Viele seien für sie inzwischen zu Freundinnen und Freunden geworden und die Krawatte zu einem Zuhause, sagt sie. „Es erinnert mich an das Weingut, auf dem ich in der Pfalz groß geworden bin. Da gab es auch ein Kommen und Gehen vieler unterschiedlicher Mitarbeitender, aber die Küche war der Mittelpunkt, in dem jeder und jede willkommen war, wo wir geredet und Kraft geschöpft haben.“

Hoffnungsgeschichte für ganz Wuppertal

Dass in der Krawatte ein friedliches und kreatives Miteinander so vieler Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, Nationen und Religionen gelebt wird, ist für die 60-jährige Sozialarbeiterin eine echte Hoffnungsgeschichte. Die möchte sie gerne in alle Stadtteile Wuppertals tragen und Mut machen, diese Vielfalt wertzuschätzen und zu gestalten. Die Kirchen und Religionsgemeinschaften sieht sie dabei als wesentliche Akteure, denn: „Egal, welchen Glauben wir haben, wir haben den Auftrag, für andere Menschen da zu sein.“

Ihnen Räume zu geben, in denen sie ihre Gaben entdecken und für andere Menschen einsetzen können, war immer das Anliegen der „Frau mit den 1.000 Ideen“, wie ihr Ehemann sie liebevoll nennt. „Wie viel sich ändern kann, wenn wir diesen Grundgedanken des christlichen Glaubens leben, sehe ich jeden Tag in der Krawatte“, betont Dorothee van den Borre. „Da werden traurige Kinder fröhlich, verängstigte Frauen selbstbewusst und verschlossene Männer offen für Neues.“